ZH1306

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Lot 61
  • 61

Giovanni Giacometti

Estimate
250,000 - 350,000 CHF
bidding is closed

Description

  • Giovanni Giacometti
  • Cavalli al sole
  • Unten links monogrammiert
  • Öl auf Leinwand
  • 102 x 111 cm

Exhibited

Chur, Bündner Kunstmuseum, Giovanni Giacometti, 1868-1933, 1968, Nr. 32

Literature

Registro dei quadri, Nr. 1A , S. 39, Nr. 123
Mai, "Künstlerhaus. I. Zehnte Serie (13. Oktober bis 7. November", in: Schweizer Bürger-Zeitung, Oktober 1909 (Sonnenschein)
Stefan Markus, "Zürich Künstlerhaus", in: Die Kunst für Alle, Jg. 25, Nr. 5, 1.12.1909, S. 118 (Im Sonnenschein)
Hans Trog, "Kunstchronik. Aus dem Künstlerhaus I", in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 295, 24.10.1909
Albert Baur, "Kunstnachrichten. Künstlerhaus Zürich", in: Wissen und Leben, Jg. 3, Bd. 5, Zürich 1909/10, S. 167-168
R., "M. Giacometti à l'Athénée,", in: Journal de Genève, 21.10.1910 (Chevaux au soleil)
Albert Trachsel, "Exposition G. Giacometti", in: Le Genevois, 20.10.1910
Renato Stampa, "Per il centenario della nascità di Giovanni Giacometti", in: Quaderni Grigion-italiani, Jg. 37, Nr. 2, Poschiavo April 1968, Abb. S. 9 (Quattro cavalli davanti all'osteria, datiert um 1907)
Elisabeth Esther Köhler, Giovanni Giacometti 1868-1933. Leben und Werk, Zürich 1969, Nr. 447 (Vier Pferde vor Heuwagen gespannt, nicht datierbar)
Paul Müller/Viola Radlach, Giovanni Giacometti, 1868-1933, Werkkatalog der Gemälde, Zürich 1997, Band II-1, S. 256, Nr. 1907.31 und S. 257, abgebildet

Condition

Not relined. Canvas to be re-stretched at some point. Faint stretcher marks visible parallel to the upper edge (holes glued from the back), as canvas was probably restretched or enlarged during the original painting process. Stable drying cracks to the upper right, in the darker paint ares (horses) and to the lower left in the green. Canvas buckling slightly along the upper left and right edges. Two minute paint losses with minor lifting along the former, lower stretch mark. Speck of dirt in the upper, right corner. Scattered, minute retouchings along the fomer, lower stretch makr visible under uv-light. Re-varnished. Good condition.
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Catalogue Note

Enstanden um 1907.

Cavalli al sole zeigt den subtilen Koloristen Giovanni Giacometti. Er malte hier den Ausblick aus seinem kürzlich fertiggestellten Atelier in Stampa auf die Hauptstrasse mit der Abzweigung, die über die Brücke der Maira führt, und der Hausecke des elterlichen Hauses Piz Duan am rechten Bildrand. Soeben ist der Pferdewagen vorgefahren mit dem Heu der umliegenden Wiesen, das im Stall im Hintergrund gelagert werden soll. Giacometti hatte nun die Möglichkeit, Strassenszenen dieser Art in Ruhe von seinem Atelier aus beobachten und festhalten zu können, wie auch etwa das Vorfahren der Postkutsche im Gemälde La Posta im gleichen Jahr. Im Herbst 1904 war ihm, Annetta und den drei Kindern Alberto, Diego und Ottilia die Wohnung in Borgonovo gekündigt worden. Vorübergehend zog die Familie nach Stampa ins Piz Duan, bis sie sich im Jahr darauf auf der gegenüberliegenden Seite der Strasse eine Wohnung einrichten konnte; das Haus war versteigert und seinem Bruder Otto zugeschlagen worden, der das Gasthaus Piz Duan führte und die Poststelle leitete. Den zugehörigen Stall baute sich Giacometti als Atelier aus. «Das Atelier ist erst gegen Ende Oktober so weit fertig geworden dass ich es beziehen konnte,» schrieb Giovanni Giacometti am 5. Dezember 1906 an seinen Freund Cuno Amiet.[1] «Da musste es eingerichtet werden, und obwohl kein Atelier à la Makart oder à la Lenbach ist,[2] so brauchte es doch Zeit, die Thüren anzustreichen, Bänke zu zimmern, Gestelle einzurichen etc. etc. Nun fehlt noch ein Schrank in einer Eke und dann wäre es vorläufig vollständig. Aber es ist wirklich ein wahres Glück nun darin zu arbeiten. Ich habe Raum, Licht und Wärme. Der Ofen ist ausgezeichnet. Und gemütlich ist es darin. Ich habe das ganze Getäfel in seiner Naturfarbe gelassen; es ist ein warmes Citrongelb-Rosa, sehr angenehm. Seitdem ich eingezogen bin, kann ich mich vom Atelier gar nicht trennen.»

Die in dieser Beschreibung zum Ausdruck kommende hohe Sensibilität Giacomettis für Farben und Stimmungen zeigt sich auch in den Cavalli al sole. Der Titel, den er dem Bild selbst gab, unterstreicht seine Absicht. Es ging ihm nicht um Pferde, einen Heuwagen oder eine Strassenecke, sondern um das Sonnenlicht, das diesen Motiven in seinen Augen einen Zauber verlieh, den er in eine zartglühende Farbensymphonie zu verwandeln wusste. Mit weich flockig strichelndem Pinsel fing er das flimmernde Sonnenlicht ein, das sich goldgelb auf der Strasse im Vordergrund ausbreitet und die beiden vordersten Pferde in ein warmes Goldbraun hüllt; gegen den schattigeren Hintergrund zu erhält es Nuancen von Rosa und Blau, die sich auf den hölzernen Partien des Stalles sammeln und von dort auf die Strasse und auf die zwei hinteren Pferde ausstrahlen.

Wir danken Viola Radlach, Co-Autorin Werkkataloge Giovanni Giacometti und Cuno Amiet, Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft SIK-ISEA, für den Textbeitrag.

[1]  Giovanni Giacometti aus Stampa an Cuno Amiet auf der Oschwand, 5.12.1906, in: Cuno Amiet − Giovanni Giacometti. Briefwechsel, hrsg. von Viola Radlach, Zürich: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft/Scheidegger & Spiess, 2000, Brief 273.
[2] Anspielung auf die pompösen Ateliers der beiden Münchner Malerfürsten der Jahrhundertwende, Hans Makart und Franz von Lenbach.