ZH1306

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Lot 43
  • 43

Giovanni Giacometti

Estimate
200,000 - 300,000 CHF
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Description

  • Giovanni Giacometti
  • Capolago
  • Unten links monogrammiert
  • Öl auf Eternit
  • 48.5 x 64.5 cm

Exhibited

Zürich, Künstlerhaus, Giovanni Segantini, Giovanni Giacometti, Carl Theodor Meyer, 1906, Nr. 11 (Bergdorf am See)
Chur, Kunsthaus, Jubiläumsausstellung Giovanni Giacometti 1868-1933, 1968, Nr. 26 (datiert um 1906)
Trubschachen, Schulhäuser, 5. Gemäldeausstellung Trubschachen. Graubünden und Tessin, 1972, Nr. 51 (Blick auf Capolago und Silsersee)
St. Moritz, Parkhausrondelle, Das Oberengadin in der Malerei. 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, 1985, S. 114 (Blick auf Capolago und den Silsersee, datiert 1906)

Literature

Hans Trog, "Kunstchronik. Aus dem Künstlerhaus III: Giovanni Giacometti", in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 252, Zürich 11.9.1906 (Bergdorf am See)
Elisabeth Esther Köhler, Giovanni Giacometti 1868-1933. Leben und Werk, Zürich 1969, Nr. 446 (nicht datierbar)
Danièle Gros, "Giovanni Giacometti - Maltechnische Untersuchungen", in: Giovanni Giacometti 1868-1933, Werkkatalog der Gemälde, hrsg. Paul Müller/Viola Radlach, Zürich 1997, Band II-1, S. 85, 89
Paul Müller/Viola Radlach, Giovanni Giacometti, 1868-1933, Werkkatalog der Gemälde, Zürich 1997, Band II-1, S. 236, Nr. 1906.14 und S. 237, abgebildet

Condition

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Catalogue Note

Entstanden um 1906.

Die Jahre um 1906 sind eine besonders interessante und ereignisreiche Zeit im Leben wie in der künstlerischen Entwicklung von Giovanni Giacometti. Noch im Februar 1906 beklagte er seine problematische finanzielle Situation in einem Brief an seinen Freund Cuno Amiet;[1] im Sommer darauf gratulierte ihm der Kaufmann Richard Kisling, Mitglied der Ausstellungskommission des Zürcher Künstlerhauses, Mäzen und Kunstsammler in grossem Stil, zu seiner Ausstellung,[2] an der er drei Bilder erwarb, denen bald weitere folgen sollten. Kisling wurde nicht nur zu einem Freund, sondern auch zu einem der wichtigsten Sammler Giacomettis.[3] An dieser Ausstellung zeigte Giacometti 20 Bilder, darunter auch den Capolago, das er vermutlich in diesem Sommer gemalt hatte. Der damals nur wenige Häuser umfassende Ortsteil von Maloja zieht sich als horizontaler Streifen durch die Mitte des Bildes; das hügelige Gelände der gelbgrünen Wiesen breitet sich im Vordergrund aus mit der skizzenhaften Andeutung des hölzernen Dorfbrunnens in ihrer Mitte, auf den sich kleine Figürchen auf Wiesenpfaden zu- oder wegbewegen. Links der Häuserzeile schlängelt sich der Inn als blaues Band in den See, auf der rechten Seite ist ein kleiner Teil der Allee der Parkanlage des Hotels Maloja Palace zu erkennen, die von dem Gartenarchitekten Samuele Giacometti, einem jüngeren Bruder Giovannis, entworfen worden war.[4] Giovanni Giacometti zeichnete sich damals durch eine besondere Innovationsfreude in maltechnischen Belangen aus. In ständigem Austausch mit Cuno Amiet experimentierte er gern mit selbst angeriebenen Tempera- und Ölfarben, die er allerdings nur für Atelierbilder verwendete, für das Arbeiten im Freien, wie etwa für das vorliegende Gemälde von Capolago, bediente er sich der Einfachheit halber fertiger Tubenfarben.[5] Auch sein Farbauftrag, der Pinselduktus, zeigt sich immer wieder unterschiedlich. So ist diese Impression in ausgeprägt divisionistischem Stil gemalt, den er von Giovanni Segantini ein Jahrzehnt vorher übernommen und laufend weiterentwickelt hatte. «Immer auf derselben Suche nach dem Licht», seinem «Kindheitstraum», der «Lichtvision»[6] erlaube ihm diese Malweise, durch die unterschiedlichen «Licht- und Lufteffekte» die «Materie erobern und formbar machen» zu können, hatte er Cuno Amiet in einem Brief am 27. April 1897 erklärt.[7] Und in der Tat scheint hier nicht nur die Natur – die Wiesen, der See und das gegenüberliegende, beschattete Ufer – in vielerlei Tönen in der sommerlichen Atmosphäre zu flimmern, auch die grauen Schieferdächer der Häuser von Capolago reflektieren das Licht und die Farbigkeit. 

Wir danken Viola Radlach, Co-Autorin Werkkataloge Giovanni Giacometti und Cuno Amiet, Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft SIK-ISEA für den Textbeitrag.

[1] Giovanni Giacometti aus Stampa an Cuno Amiet auf der Oschwand, 27.2.1906, in: Cuno Amiet – Giovanni Giacometti. Briefwechsel, hrsg. von Viola Radlach, Zürich: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft/Scheidegger & Spiess, 2000, Brief 263.
[2 ]VI. Serie 1906. Giovanni Giacometti [u. a.], Künstlerhaus Zürich, 23.8.–23.9.1906.
[3 ]Siehe dazu Silvia Volkart, Richard Kisling. Sammler, Mäzen und Kunstvermittler, hrsg. von Jiří und Babette Dvořák-Kisling, Bern: Benteli, 2008.
[4 ]Bruno Giacometti erinnert sich. Gespräche mit Felix Baumann, Zürich: Scheidegger & Spiess, 2009, S. 28.
[5 ]Siehe dazu Danièle Gros, «Giovanni Giacometti. Maltechnische Untersuchungen», in: Paul Müller/Viola Radlach, Giovanni Giacometti. Werkkatalog der Gemälde, Zürich: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 1997, S. 64–101, hier S. 86.
[6] So formulierte Giacometti am 26. August 1917 sein künstlerisches Ziel in einem Brief an Daniel Baud-Bovy in Genf, der ihn um Angaben für einen Artikel gebeten hatte, den er in den Pages d’Art über Giacometti zu schreiben gedachte, in: Giovanni Giacometti. Briefwechsel mit seinen Eltern, Freunden und Sammlern, hrsg. von Viola Radlach, Zürich: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft/Scheidegger & Spiess, 2003, Brief 578.
[7] Siehe Anm. 1, Brief 90.