Jürgen Brodwolf

Dr. István Schlégl Galerie, Zürich (1990)
Germann, Zurich, 13. 11. 2001, Nr. 105

Auktionskatalog, Germann, Zurich 2001, Nr. 105, abgebildet (in Farbe)

Die Kinder von Izieu waren eine Gruppe von 44 jüdischen Kindern, welche am 6. April 1944 zusammen mit ihren sieben Betreuern aus dem unweit von Lyon in der Gemeinde Izieu gelegenen Hofgut La Maison d’Izieu in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden. Seit Mai 1943 war das Gut Zufluchtsort für jüdische Kinder gewesen, deren Eltern von den Nationalsozialisten deportiert worden waren, 1994 wurde La Maison d'Izieu zur Gedenkstätte.

Jürgen Brodwolf wurde laut eigenen Angaben 1988 durch eine Publikation zum Thema, The Children of Izieu: A human Tragedy,[1] auf die Tragödie aufmerksam. Gefesselt von den Porträts der einzelnen Kinder wählte er deren 15 aus und bearbeitete diese in 15 Büchern. Brodwolf perforierte die Umrisse der abgedruckten Gesichter mit einer Stahlnadel durch die Buchseiten hindurch. Anschliessend liess er eine Asphalttinktur in die Lochungen einträufeln. Die langsam durchsickernde Lösung veränderte von Seite zu Seite das Erscheinungsbild der Gesichter. Langsam verschwinden die Gesichtszüge, die Porträts werden ausgelöscht.

Die Bücher sind angeordnet in einem metallenen Büchergestell, Tisch und Stuhl aus Holz und laden im Sinne des Künstlers dazu ein, diese in Ruhe zu betrachten und das tragische Schicksal der Kinder von Izieu zu kontemplieren, sich ihrer zu erinnern.

[1] Serge Klarsfeld, The Children of Izieu: A human Tragedy, New York 1984