Lot 64
  • 64

Giovanni Giacometti

Estimate
1,000,000 - 1,500,000 CHF
bidding is closed

Description

  • Giovanni Giacometti
  • PAESAGGIO D'AUTUNNO, 1932AUTUMNAL LANDSCAPE, 1932
  • Unten links monogrammiert; rückseitig signiert, datiert und bezeichnet Stampa
  • Öl auf Leinwand
  • 120 x 150 cm
Dieses Gemälde ist im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft SIK-ISEA unter der Archiv-Nummer 63 055 inventarisiert.

Provenance

Galerie Aktuaryus, Zürich (1939)
Sammlung Emil G. Bührle, Zürich (1939)
Durch Erbschaft an die heutigen Besitzer

Exhibited

Zürich, Kunsthaus, Giovanni Giacometti 1868-1933,
1934, Nr. 186, Tf. XV.
Bern, Kunsthalle, Gedächtnisausstellung Giovanni
Giacometti, 1934, Nr. 137
Zürich, Kunstsalon Wolfsberg, Giovanni Giacometti,
1988, Nr. 78 (Stampa, um 1930)
Zürich, Stiftung Sammlung Emil G. Bührle, Schweizer
Maler aus der Sammlung Bührle, Zürich, 1991, Nr. 18
(Grosse Herbstlandschaft)

Literature

Registro dei quadri, Nr. 3, S, 8, Nr. 528
Vgl. Giovanni Giacometti, Liber veritas III, 1929-1933,
Nr. 8 (Skizze "Paesaggio d'autumno 1932")
Galerie und Sammler, Monatsschrift der Galerie
Aktuaryus, in: Hugelshofer, Nr. 5/6, Zürich 1939, S. 103,
abgebildet
Elisabeth Esther Köhler, Giovanni Giacometti 1868-
1933, Leben und Werk, Werkverzeichnis, Zürich 1969,
Nr. 434
Matthias Wohlgemuth/Franz Zelger, Schweizer Maler
aus der Sammlung Bührle, Ausstellungskatalog, Zürich
1990-91, S. 37, Nr. 18 (Grosse Herbstlandschaft),
abgebildet (ganzseitig in Farbe)
Paul Müller/Viola Radlach, Giovanni Giacometti 1868-
1933, Werkkatalog der Gemälde, Band II-2, Zürich 1997,
S. 566f., Nr. 1932.16, abgebildet

Condition

Canvas not relined. Scattered, minute pastosities. No varnish over paint. Very good, original condition.
"In response to your inquiry, we are pleased to provide you with a general report of the condition of the property described above. Since we are not professional conservators or restorers, we urge you to consult with a restorer or conservator of your choice who will be better able to provide a detailed, professional report. Prospective buyers should inspect each lot to satisfy themselves as to condition and must understand that any statement made by Sotheby's is merely a subjective, qualified opinion. Prospective buyers should also refer to any Important Notices regarding this sale, which are printed in the Sale Catalogue.
NOTWITHSTANDING THIS REPORT OR ANY DISCUSSIONS CONCERNING A LOT, ALL LOTS ARE OFFERED AND SOLD AS IS" IN ACCORDANCE WITH THE CONDITIONS OF BUSINESS PRINTED IN THE SALE CATALOGUE."

Catalogue Note

Den Blick von einem Hochplateau bei Soglio auf die andere Seite des Bergeller Tals mit den schneebedeckten Bergspitzen der Sciora-Gruppe malte Giovanni Giacometti gegen Ende eines herbstlichen Tages im Herbst seines Lebens. Mit seiner künstlerischen Meisterschaft waren ihm auch hohe gesellschaftliche Ehren zuteil geworden, und er hatte Einsitz in den bedeutendsten kunstpolitischen Gremien der Schweiz. Soglio bedeutete für ihn die Erinnerung an seinen frühen, hochgeschätzten Lehrer und Freund Giovanni Segantini, der hier während seiner letzten Jahre häufig malte, und in Soglio konnte Giacometti die Sonne, seinen − wie er einmal schrieb − "wichtigsten Lebensmotor" einfangen, wenn er sein Haus in Stampa im Talboden schon lange nicht mehr erreichte. Die Herbstlandschaft bereitete er in einer um etwa zwei Drittel kleineren Ölstudie vor, in der er neben der Bildanlage, der Verteilung der Körper im Raum, auch schon das stimmungshafte Moment mit einer beige-rosafarbenen Grundtönung festhielt, das ihm besonders wichtig war. Die friedlich grasenden Schafe und Ziegen, die Bäume und Büsche, teils in spätsommerlichem Grün, in rot-goldenen Herbstfarben oder auch schon frühherbstlich entlaubt, gruppieren sich in lockerer Anordnung auf den grüngelben Wiesen. Ein hellblau-violetter Himmel mit zartrosa Wolken überdacht dieses "irdische Paradies". Zu der verklärenden Atmosphäre tragen nicht nur das goldene Herbstlicht und die Harmonie der Farben bei, auch die Art der Farbauftrags ist wesentlich. Weiche, verschwimmende Konturen bewirken eine leichte Unschärfe der Gegenstände, der zarte Schleier eines Sfumato liegt über ihnen. Doch ging es Giovanni Giacometti nicht allein um formale Kriterien. Näheres zu seinen  künstlerischen Zielen lässt sich einem brieflichen Dialog entnehmen, den er zu Beginn des Jahres 1912 mit seinem Sammler, dem Philosophen Fritz Medicus, führte. An die Stelle gesuchter dekorativer Vereinfachung, wie er sie in manchen Werken seiner Zeitgenossen sah, setzte er "Phantasie, spontanes Empfinden und Begeisterung" und bezeichnete sie als die wichtigsten Voraussetzungen, um "die Wirklichkeitsfülle, das Leben" in der Malerei zum Ausdruck bringen zu können. Die Begeisterung für den Bildgegenstand sei grundlegend; wobei dieser Gegenstand das Licht sein könne, das die Landschaft vergoldet, ebenso wie die Sonnenflecken, die eine Mutter mit ihrem Kind umspielen. Fritz Medicus fasste angesichts eines heute verschollenen Gemäldes von Giacometti seine Bewunderung in Worte, die auch für die Herbstlandschaft Gültigkeit haben: "Das Bild scheint mir die reife Erfüllung alles dessen zu sein, was Sie in unablässigem Streben für die Landschaftsmalerei gesucht haben. Viele Maler verlieren, indem sie auf Vereinfachung ausgehen, die Konkretheit des Wirklichen, sie werden schematisch ... hier ist die Wirklichkeitsfülle nicht der Vereinfachung zum Opfer gefallen, sondern gerade die Wärme Ihrer Farben gibt dem Bild ein wahrhaft erstaunliches Leben. Wie dann über den Gipfeln in kühlem Blau die auf Violett und Gelb gestimmten Wolken schweben, so dass der Beschauer an diesen rein koloristischen Dingen spürt u. sieht, wie dort in der Höhe eine andere Luft ist als unten − das ist unübertrefflich. Ich habe lange Zeit vor dem wundervollen Bilde zugebracht, um mir darüber klar zu werden, woher im einzelnen der ausserordentlich starke Eindruck kommt, u. ich glaube viel dabei gelernt zu haben."

Wir danken Viola Radlach vom Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft SIK-ISEA für den Textbeitrag.